Freitag, 19. Januar 2007

Geschichte Online

Geschichte Online soll Geschichte-StudentInnen deutschsprachiger Universitäten in zentrale Arbeitstechniken einführen. Die MacherInnen richten sich vor allem an angehende KulturwissenschafterInnen und an Lehrende. Dabei werden insgesamt vier Module angeboten, an denen man/frau seine Fähigkeiten schulen kann. Das erste Modul ist dabei den historischen Wissenschaften, das zweite der Literatur- und Informationsrecherche, das dritte der Geschichtsdidaktik. Das vierte Modul soll den StudentInnen der Geschichtswissenschaft den Hypertextcreator näher bringen: Dabei handelt es sich um ein Programm, welches auf Basis eines Redaktions- und Datenbanksystems ein content-orientiertes Online Teaching in Seminaren und Vorlesungen unterstützt. Im Vordergrund soll dabei Hilfe zur Selbsthilfe angeboten werden – die interaktiven Module soll das Selbststudium der Studierenden untermalen und fördern.

Widmen wir uns nun dem Modul 1 – Wissenschaftliches Arbeiten. Hier werden definitorische Prämissen geklärt und die Entwicklung von Fragestellungen und Hypothesen an den Mann und an die Frau gebracht. Weites wird erklärt, wie man/frau Annotationen, Abstracts und Rezensionen schreibt, wie man/frau richtig (soll heißen: wissenschaftlich) liest und die Ergebnisse der Lektüre auch richtig dokumentiert und verarbeitet. Auch werden nützliche Formalia in punkto Zitierregeln, Fuß- und Endnoten und Literaturangaben geklärt. Interessant ist dabei auch der Unterpunkt „Mündliche Präsentationen“. Hier werden Funktionen, Anforderunen und Gestaltung von wissenschaftlich gehaltenen mündlichen Präsentationen beschrieben. Schließlich wird auch ein Schnellkurs angeboten, der das Lesen von Kurrentschrift ermöglichen soll.

Modul 2 – Literatur- und Informationsrecherche soll eine Einführung in wissenschaftliche Literaturrecherche was Bibliotheken, Bibliographien, Literaturbanken etc. betrifft geben. Das zweite Submodul „Informationsrecherche“ gibt eine Einführung in die wissenschaftliche Informationsrecherche was Quellen, Daten, Ausstellungen und Netzwerke betrifft.

Modul 3 – Geschichtsdidaktik soll aktuelle Themen der Geschichtsdidaktik näher bringen. Hier werden wichtige Informationen vermittelt, die sich eher an (zukünftige) Lehrende widmen. Interessant ist dabei auch der Themenkomplex „Einführung und Theorie“, der die institutionellen Grundlagen des Geschichtsunterrichts, den Aufbau des österreichischen Schulsystems, die Lehrpläne und die Grundsätze der Politischen Bildung näher bringen soll. Zudem werden „einschlägige“ Übungen angeboten, die die StudentInnen mit der zukünftigen Arbeit als GeschichtslehrerInnen vertraut machen sollen. Konkret werden hier diejenigen angesprochen, die eine Lehramtsausbildung machen. Auch geschichtliche und theoretische Hintergründe der Geschichtsdidaktik werden kurz besprochen, zudem wird auch ein europäischer Vergleich mit der Geschichtsdidaktik in anderen Ländern gesucht. Nur als Fußnote: Was mir dabei ins Auge gesprungen ist, ist das Zitat, welches bei der Untereinheit „Lehrpläne“ aufgeschienen ist.
Lehrpläne sind zugleich Mittel und Produkt der Selbstvergewisserung, was eine Gesellschaft an Wissensbeständen und Fähigkeiten durch die verschiedensten Unterrichtsfächer an die Jugend weitervermitteln will. Besonderes Augenmerk von Seiten der bildungsverantwortlichen Stellen kommt dabei insbesondere dem Unterrichtsfach Geschichte zu, denn als "gesellschaftliche Einrichtung im Rahmen der Institution Schule erfüllt der Geschichtsunterricht [...] immer auch Legitimationsfunktion, die der Erhaltung, Stärkung oder Mobilisierung der bestehenden Gesellschaft dient,
heißt es hier. Das Zitat ist insofern bemerkenswert, weil es sich doch deutlich vom Chor der die heilige Kuh Objektivität anbetenden GeschichtsmacherInnen abhebt und sehr bestimmt auch auf die Legitimationsfunktion der Geschichtswissenschaft verweist.

Modul 4 – Hypertextcreator. Für dieses Modul wurde extra eine datenbankbasierte Lehr- und Lernsoftware entwickelt, die – so die eigene Zielsetzung – helfen soll, geschichtswissenschaftliche Inhalte für die LeserInnen und LernerInnen gewinnbringend und medienadäquat aufzuarbeiten und zu vermitteln. Dabei handelt es sich beim Hypertextcreator um ein Werkzeug und ein Medium zugleich, da er die kreative Entwicklung von offenen und doch kohärenten Hypertextnetzwerken erlauben soll.
Der Hypertextcreator unterstützt damit sowohl die individuelle Wissensvermittlung, als auch kollektive, vernetzte Produktions- und Schreibprozesse und deren medienadäquate Vermittlung,
heißt es von Seiten der MacherInnen selbst.

Die Lerneinheit „Zitat, Zitierregel, Anmerkungen“ gestaltet sich informativ. Besonders interessant war dabei der interaktive Lerneinstieg, wo ich mir leider bewusst machen musste, dass ich mit den Zitierregeln noch nicht ganz per Du bin. Aufschlussreich – wenn für mich vielleicht auch noch nicht ganz neu – war die Beschreibung der Funktion von Zitaten, schließlich bin ich ja doch schon im fünften Semester. Wichtig war aber sicherlich der Absatz, der sich damit beschäftigt hat, wie man/frau Zitate eben nicht verwenden soll. Auch werden die unterschiedlichen Typen von Zitaten beschrieben – nützlich ist dabei sicherlich das Glossar, welches bei vielen Begriffen aufgerufen werden kann und oft Licht ins Dunkel bringt. Die Übungen für die wörtlichen Zitate waren ein wenig ermüdend, vor allem wenn man/frau bedenkt, dass es ja schließlich auch die Regel gibt, dass die grundsätzliche Regel bei Zitierregeln die sein muss, dass sie einheitlich im ganzen Dokument beibehalten werden. Ob ich nun den Punkt am Ende eines Satzes vor oder nach den doppelten Anführungszeichen mache, ist in meinen Augen eine Frage des Optischen und ändert nichts an der korrekten Zitierweise. Die Lerneinheit von Debora Weber-Wulff war informativ und umfangreich, wobei ich allerdings beim Auffinden der Plagiate versagt habe, was wahrscheinlich auch daran lag, dass mich die Themen der Texte nicht sonderlich interessiert haben – Döner, Grasfrösche und Djembe-Trommeln haben es bisher nicht geschafft, mein Interesse zu wecken, daher habe ich mich auch nicht sonderlich in die Lektüre vertieft.
Irgendwie ernüchternd für die MacherInnen von Geschichte-Online muss wohl das von ihnen formulierte Eingeständnis gewesen sein, dass bei Weitem nicht alle Lehrenden im Internet publizierte Texte als zitierfähig ansehen.
Generell kann gesagt werden, dass die äußerst umfangreiche Lerneinheit nützlich war, allerdings – wie die MacherInnen ja auch selbst schreiben – muss man/frau trotzdem doch noch vor dem Verfassen einer Arbeit den/die LehrveranstaltungsleiterIn kontaktieren, um zu eruieren, welche Zitierweise er/sie preferiert. Die Erklärungen der verschiedenen Zitierweisen waren klar, es wurde auch angemerkt, wann zitiert und wann die Zitateflut eingedämmt werden muss, um seinen eigenen Gedanken Platz zu geben. Die kurzen, prägnanten Texte – wobei linear vorgegangen werden sollte – fassen die wichtigsten Informationen zusammen, einige Übungen ermöglichen, das Gelernte zu erproben. Alles in allem relativ zeitaufwendig, und wenig, was ich nicht schon mal irgendwann gehört hätte – ohne dabei behaupten zu wollen, ich sei eine Meisterin des Zitierens.

Montag, 15. Januar 2007

Geschichte im Netz

Der Text beschäftigt sich mit der Praxis, den Chancen und den Visionen der Geschichtswissenschaft im Netz. Der Autor stellt fest, dass es sich immer noch um eine Minderheitengeschichte handelt, da die meisten Sites, die sich grob gesagt mit „Geschichte“ beschäftigen, nicht von HistorikerInnen, sondern von interessierten Laien erstellt wurden. Kritisch merkt der Autor an, dass viele Sites – hier werden explizit die Sites, die sich dem „Gedankenjahr“ 2005 widmeten erwähnt – didaktisch noch einiges zu wünschen lassen. Besonderer Aufmerksamkeit bedürften Computerspiele und Webgames.
Die Praxis geschichtswissenschaftlicher Seiten im Netz wird vom Autor als komplexer Prozess, dessen wesentliches Merkmal die Systemmodifikation sei, beschrieben; wobei der Terminus System die Geschichtswissenschaft als institutionalisiertes Kommunikationssystem bezeichnet.
Modifiziert werden die Kommunikationsmedien selber wie auch ihr systemischer Zusammenhang, modifiziert wird das traditionelle System geschichtswissenschaftlicher Kommunikation, (S. 4). Es kommt zum interessanten Phänomen der Remediation, indem sich alte und neue Medien gegenseitig beeinflussen – darin besteht die Systemmodifikation. Verändert werden z.B. die Schreibformate. Aus einigen Gründen erfordert eine Website die Granulierung oder Portionierung der Inhalte, so dass Texte schon im Vorhinein medienadäquat geschrieben werden müssen, soll heißen: kurz und bündig, konzentriert, an den „Enden“ offen für Erweiterungen. Diese Modularisierung führt aber erst dann zur Entstehung sinnvoller informationeller Einheiten, wenn die Module zu Netzwerken verknüpft werden können. Module sind nicht nur Bausteine unkomplexer Rezeptionsprozesse, wie oft unterstellt wird, sondern Bausteine individueller Sinnbildung, (S. 6).
Aber auch was die klassischen Publikationsformate betrifft kann eine Multiplizierung beobachtet werden. Der Autor hält zudem fest, dass in gewissem Sinne wissenschaftliche Forschung nie etwas anderes als einen Diskussionsstand darstellt. Als bezeichnend wird auch die Tendenz, denselben Wissensbestand sowohl mit Hilfe der alten als auch der neuen Medien zu publizieren, ausgewiesen. Dieses backing sei ein Zeichen dafür, dass beide Systemteile nunmehr auf einander angewiesen seien. Die Chancen für die Geschichtswissenschaft, die durch das Internet inauguriert werden, sind mannigfaltig. Unter anderem kann eine Verflüssigung und Beschleunigung der Kommunikation beobachtet werden, wodurch sich zumindest potentiell Forschung verschnellert. Das Publikum des Internet gestaltet sich diffus, wobei sich Barrierelosigkeit des Netzes in der Praxis eher als Chance denn als tatsächlich genutzter Freiraum erweist. Und:
Um es deutlich zu sagen; die Barrierelosigkeit und Offenheit des Netzes ist aus der Sicht der Geschichtswissenschaft nur dann positiv zu werten, wenn sie die Qualitätsstandards setzt und durchsetzt, wenn sie die Inhalte schafft, (S. 9).
Eine andere wesentliche Chance besteht im multimedialen Charakter des Netzes, was auch Inter- oder Multidisziplinarität mit einschließt, sowohl was das Forschen als auch was das Darstellen betrifft. Mit der Zielgruppenoffenheit des Netzes gehen auch eine aktive Sinnbildung durch die UserInnen und ein Bedeutungsverlust des autoritativen oder autoritären Wissens einher.
Der Autor geht auch kurz auf das Konzept von E-Learning ein; hier unterstreicht der Autor vor allem Elemente wie Verflüssigung der Kommunikationsabläufe und Erhöhung der Verantwortung des Individuums für die Wissens- und Sinnbildung. Doch nicht nur das:
Da gerade Nobelpreisträger nicht müde werden, auf den Zusammenhang von Wissenschaft und Fun hinzuweisen, fühle ich mich legitimiert zu sagen, dass der Einsatz des Netzes den Fun-Faktor in der Geschichtswissenschaft auf produktive Weise wieder erhöht und im Übrigen die traditionelle zivilisatorische Grenze zwischen Wissenschaft und Alltag öffnet, (S. 13).
Ebenfalls darauf hingewiesen wird, dass das Netz auch im System der Geschichtswissenschaft die Beziehungen zwischen Individuum, Kollektiv und wissenschaftlichem Wissen verändert, wodurch das Individuum ein Teil eines riesigen Wissensnetzwerks mit einer größeren Verantwortung für den Sinnbildungsprozess wird – die dominante Stellung von Einzelpersonen wird geschwächt.
Internet und Web werden kulturgeschichtlich als Medienrevolution charakterisiert – bezogen auf die Fundamentalität der Transformationen selbst kann tatsächlich ein Vergleich mit dem Übergang zur Schriftlichkeit oder dem Buchdruck gezogen werden. Dabei ist festzuhalten, dass diese Medienrevolutionen Teil einer umfassenden Veränderung der Kultur(en) ist. Kultur ist dabei ein komplexer Code, der die Bedeutungen menschlichen Handelns kodiert – Subcodes werden ausgebildet. Wie in der Semiotik sind auch hier Bezeichnendes und Bezeichnetes im Konnex zu betrachten. Weiter:
Das Netz bedeutet zunächst einmal selbst einen Subcode, der bestimmte Transformationen codiert, (S. 17).
Und was übersetzt das Netz als Subcode: Es handelt sich dabei um eine nicht-essentialistische, hybride, fluide, volatile, hypertextuelle Zivilisation, wobei diese in der metropolen, sich rasch verändernden Stadt anzusiedeln ist. Dies ist als Beginn eines neuen Individualisierungsprozesses anzusehen.
Die Veränderung unserer Zivilisation, unserer Alltagswelt, die immer mehr nach Hypertext-Muster funktioniert, ist es, die auch eine durchschlagende Veränderung geschichtswissenschaftlicher Grundpositionen mit sich führt, da die Fragen, die wir an die Geschichte stellen, an unsere Gegenwart gebunden sind. .

Kommentar:
Einige interessante Punkte werden in diesem Text, der scheinbar im Zuge einer Tagung entstanden ist, angesprochen. Zum einen ist es sehr interessant, dass der Autor die Gefahr der Einrichtung eines geschichtswissenschaftlichen Webspace, der kostenpflichtig, passwortgeschützt und ähnliches sein könnte – womit, so auch der Autor, das Bauwerk des wissenschaftlichen Elfenbeinturms perpetuiert werden könnte. In diesem Zusammenhang ist auch ein weiteres Zitat zu erwähnen:
Ob die Entwicklung des WWW die Geschichtswissenschaft auf diesem neuen, gelegentlich als Weg demokratisierter wissenschaftlicher Erkenntnisproduktion bezeichneten Weg geführt hat [...],
schreibt der Autor in einem anderen Zusammenhang. Gerne würde ich wissen, ob er sie auch als demokratisiert bezeichnen würde, diese Form der Erkenntnisproduktion. Die Verwendung des eher distanziert wirkenden „bezeichnen“ lässt zumindest eine gewisse Skepsis vermuten, die auch anderswo in diesem Text zu finden ist, nämlich dort, wo der Autor, die Aussicht, dass bald wesentliche Forschungsimpulse nur noch vom Netz ausgehen werden, bewusst unter Chancen und nicht unter Visionen (was sich doch hoffnungsvoller und optimistischer geben würde als die schnöden Chancen).
Einige interessante Diskussionspunkte werden im Text angesprochen. Der Autor meint etwa, wie oben bereits erwähnt, dass in gewissem Sinne wissenschaftliche Forschung nie etwas anderes als einen Diskussionsstand darstellt. Ich würde das genauso sehen – ob da wohl alle mitkönnen?
Diejenige Wissenschaft, die hier beherzt zugreifen kann, das heißt entsprechende Kräfte, Energien und Gelder in die professionelle und umfassende Nutzung aller Potenziale des Netzes leitet, hat aufgrund der rasant wachsenden Nutzungsraten des Web, die sich arithmetisch auch als Bedeutungszuwachs rechnen lassen, die Chance ihre Platzierung im System der Wissenschaften und der Wissenschaftspolitik zu verbessern (S. 14).
Hier bin aber ich, falls ich die Passage richtig interpretiert habe, nicht einer Meinung mit dem Autor – und das ganz unabhängig vom Zusammenhang mit dem Internet: Was genau bedeutet es, dass die Geschichtswissenschaft versuchen soll, ihren Platz im System der Wissenschaften zu verbessern? Soll ich mir das „Wissenschafts-System“ als Olympische Spiele vorstellen, samt Ranking? Mathematik vor Altsemitischer Philologie vor Maschinenbau vor Geschichte?
Abschließend: Wo der Fun-Faktor bleibt, wird man/frau mir vielleicht doch ein wenig eingehender erklären müssen, ansonsten habe ich den Text als lesenswert empfunden, vor allem weil er an einigen Stellen Zukunftsvisionen aufgezeichnet und versucht hat, aufzuzeigen, wohin sich unsere momentane Zivilisation hin entwickeln kann(/könnte).

Dienstag, 19. Dezember 2006

Bloggen

Gasteiner, Martin/Krameritsch, Jakob: Schreiben für das WWW: Bloggen und Hypertexten, in: Schmale, Wolfgang (Hg.): Schreib-Guide Geschichte, 2. Aufl., Wien 2006 (UTB), S. 243 – 271.

Alle Zitate entnommen aus oben genanntem Text.

Blogs zeichnen sich durch eine leichte Handhabung aus; zudem ist ihnen die Eigenschaft inhärent, Lust auf das Schreiben und Publizieren zu evozieren. Der kreative Prozess zeichnet sich auch dadurch aus, dass das Schreibexperiment eindeutig auf ein Lesepublikum ausgerichtet ist. Was das Lernen mittels Blog betrifft, ist die Tatsache erwähnenswert, dass sich besagtes Lernen in so genannten informellen Szenarios vollzieht.
Bedeutsam ist, dass sich, bedingt durch die Durchsetzung des Computers in Alltag und Wissenschaft, die Art und Weise des Schreibens selbst ändert - man/frau kann vom Siegeszug der kurzen Form sprechen; gespickt sind diese Texte oft auch von Andockmöglichkeiten (Schlüsselbegriffen), die eine assoziative Bezugnahme ermöglichen. Zum Medium wird der Computer dadurch, dass er die Möglichkeit einer Vernetzung mit der "Außenwelt" (eben durch das WWW) bietet.
Im Folgenden geht der Autor auf die Kennzeichen von Weblogs ein; dabei handelt es sich um regelmäßig aktualisierte Websites, eine Mischform von persönlicher Homepage und Diskussionsforum. Programmierkenntnisse sind keine vonnöten, die Einträge werden rückwärtschronologisch abgebildet. Wichtig ist auch die Möglichkeit, sich auf bestimmte Einträge zu beziehen; hier ist vor allem die so genannte "Trackbackfunktion" zu erwähnen, durch die der/die BloggerIn informiert wird, falls ein Text von ihm/ihr zitiert wird. Oft sind Einträgen auch "tags" zugeordnet, die den Eintrag an ein übergeordnetes Verzeichnis melden. Erwähnt wird auch die RSS-(Real Simple Syndication) Funktion.
Nun zum Bloggen selbst: Der Autor spricht von einem bestimmten "Blogger-Stil", der von Seiten der AutorInnen Experimentierfreudigkeit voraussetzt, im Vordergrund steht dabei auch die Vernetzungstätigkeit - im Blog geht es schließlich auch darum, mit einer Gemeinschaft zu "dialogisieren". Der Autor spricht vor allem den "sozialen Aspekt" des Bloggens an: Dadurch, dass durch das uneinheitliche Geschichtsstudium, durch den Zeitdruck und bedingt durch etwaige Nebenjobs die Sozialkontakte im Studium stark eingeschränkt sind, können eben diese Sozialkontakte vielleicht durch eine Weblog-Gemeinschaft kompensiert werden.
"Ein etabliertes Netzwerk kann über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben, weil es ortsunabhängig ist - ein unschlagbarer Vorteil der elektronischen Kommunikation!" (S. 236)
Erwähnt wird auch die Möglichkeit, Weblogs als Plattform, als Gedächtnisstütze (durch darin aufgenommen Links z.B.) zu nützen. Beim Bloggen handelt es sich aber auch um eine Möglichkeit, Schreibprozesse und Bewusstwerdungsprozesse zu reflektieren (der Autor spricht hier Sensibilisierung und Querverbindungen als Schlagwörter an). Weblogs werden nicht umsonst auch als "social software" bezeichnet, da sie immer auch auf eine bestimmbare Teilhabe an Meinungsbildungsprozessen und sozialpolitischen Positionen verweisen. Ein wichtiger Satz in diesem Zusammenhang:
"Das Interesse an historischen Fragen ist immer durch unsere Gegenwart, durch unsere Lebenswelt, mitbestimmt" (S. 238).
Weblogs können und sollen als persönliches Archiv benutzt werden, Einträge können dabei als Gedächtnisstütze dienen, da selbst vage formulierte Gedanken Diskussionen anregen können - Gedanken, die vielleicht sonst als Sackgasse und unnützes Wissen in einem Rechercheprozess angesehen worden wären. So kann man/frau auch lernen, diskursorientiert zu schreiben und auch mit Kritik umzugehen. Weblogs können sich auch in punkto AutorInnenschaft unterscheiden lassen - handelt es sich um einen/eine einzelneN AutorIn oder eine Gruppe; bei Gruppen kann zwischen offenen und geschlossenen unterschieden werden. Als Kollaborationsumgebung eignet sich ein Weblog hervorragend, weil der Arbeitsprozess für alle klar durchschaubar bleibt. Vor der Publikation eines Weblog-Textes müssen Fragen des UrheberInnenrechts und der Angemessenheit des Eintrags bedacht werden, meint der Autor abschließend und gibt einige Tipps, wie man/frau auch kostenlos zu einem Weblog kommen kann.

Kommentar:
Anfänglich wollte ich meinen Beitrag mit einem Zitat aus Bukowskis Erzählung "Fuck Machine" beginnen, habe die Idee dann aber verworfen. Witzig wäre es allemal gewesen, aber wahrscheinlich doch eher ein bisschen unpassend für eine Geschichte-Hausübung. Was hier auch aufgeworfen wird, ist die Frage, wie salopp Blog-Einträge gehalten sein können. Was ich interessant fand, waren die vom Autor empfohlenen Ressourcen. Zufall oder nicht: Der erste Artikel, der unter http://adresscomptoir.twoday.net/stories/3068366 (Download: 15.12.2006) aufgerufen werden konnte, war justament ein Blog-Eintrag, der eine Empfehlung für das Buch ausspricht, in dem auch der von mir kommentierte Artikel erschienen ist.
"Eine ebenso wichtige Frage, der Sie sich an diesem Punkt stellen sollten, ist, wie viel Information Sie von sich selber in einem Weblog ablegen wollen. Es ist möglich, dass Informationen, die aus Ihren Gedanken und Haltungen bezogen werden, benutzt oder missbraucht werden könnten. Versuchen Sie also persönliche Informationen so knapp wie möglich zu halten und vertraulichen Informationen keinen Platz im Weblog zu geben", (S. 241)
heißt es im Text. Der Historiker Jan Hodel, dessen Blog unter Ressourcen ebenfalls empfohlen wird, macht aber eigentlich genau das, indem er seinen Lebenslauf für alle klar ersichtlich ins Netz stellt. Ist das nicht eigentlich auch schon zu persönlich? Nebenbei gesagt fällt leider sofort auf, dass die beiden Blogger zwar sehr engagiert sind und fast jeden Tag einen neuen Beitrag posten, sich die Kommentare aber leider eher in Grenzen halten. Scheinbar ist das Bloggen noch nicht wirklich als Medium der Wissens(re)produktion angesehen, ob Klischee oder nicht, ich kann mir vorstellen, dass viele honorige Professoren und Professorinnen wahrscheinlich bis an ihr Lebensende eher nur die Allmacht der wissenschaftlichen Monographie akzeptieren werden können.
Besonders interessant fand ich den Ansatz des Autors, dass Bloggen auch eine bestimmte Teilhabe an Meinungsbildungsprozessen und sozialpolitischen Positionierungen beinhaltet, was für mich absolut stimmt, da Wissenschaft und (vor allem) die Geschichtsschreibung niemals Selbstzweck sein kann (und darf) und immer im Kontext auch unserer eigenen Lebenswelt, der Gegenwart betrachtet werden muss. Der einzig negative Aspekt, der in diesem Zusammenhang vielleicht beachtet werden müsste, ist der, dass der vom Autor skizzierte durchs Schreiben vermittelte Lernprozess auch Fehler beinhalten kann (denn durch "trial and error" lernt man/frau ja schließlich) - und diese Fehlern machen eineN für andere auch angreifbar. Nun stimmt es zwar, dass man/frau auch damit mit Kritik umzugehen zu lernen hat. Ich persönlich habe für mich allerdings die Erfahrung gemacht, dass es mir oft sehr peinlich ist, Texte, die ich vor Jahren geschrieben habe, nach langer Zeit wieder zu lesen. Und nun soll ich meine geistigen Ergüsse für alle offen sichtbar ins Netz stellen? Womit ich allerdings nicht die Sinnhaftigkeit der Idee dahinter abstreiten möchte, ich will nur zu bedenken geben, dass vielleicht eine nicht unwesentliche psychologische Hürde überwunden werden muss.
Was den Argumentationsstrang betrifft, dass Weblogs fehlende "reale" Sozialkontakte ersetzten können, kann ich allerdings dem Autor nicht ganz zustimmen. Weblogs sind in diesem Sinne ja nicht mehr als ein schlechtes Substitut für zwischenmenschliche face-to-face Kommunikation. Ein :) wird niemals ein wirkliches Lächeln ersetzen können. Zudem finde ich, muss anderswo angesetzt werden: Richtigerweise bemerkt der Autor, dass der Zeitdruck hoch ist, und dass aufgrund der vielen Prüfungen, die abverlangt werden und auch aufgrund der Studiengebühren. Es sollte nicht der Sinn der Sache sein, sich so gut wie möglich mit den immer schlechter werdenden Studienbedingungen zu arrangieren, sondern eher dafür zu sorgen, dass es gar nicht erst so weit kommen muss, in virtuelle Netzwerke zu flüchten, wie der Autor empfiehlt. Da nun wiederum der ominöse Autor ins Spiel gebracht wurde, muss ich nun auch zum einzig wirklichen Kritikpunkt des an sich interessanten Textes, der auch einige spannende weiterführende Fragestellungen enthielt, kommen: Irgendwie finde ich es seltsam, einen Text kommentieren zu müssen, den der Mensch, der meine Hausübung benotet, verfasst hat, und zwar für das Buch, welches der Lehrveranstaltungsleiter dieser Pflichtlehrveranstaltung herausgegeben hat.

Dienstag, 5. Dezember 2006

Hypertext

Gasteiner, Martin / Krameritsch, Jakob: Schreiben für das WWW: Bloggen und Hypertexten, in: Schmale, Wolfgang (Hg.): Schreib-Guide Geschichte, 2. Aufl., Wien 2006 (UTB), S. 243 – 247.
Alle Zitate wurden aus diesem Text entnommen.


Hypertext zeichnet sich durch die Prinzipien der Nichtlinearität, der Assoziation und Vernetzung aus; HistorikerInnen bietet sich etwa die Möglichkeit, ein Thema nach unterschiedlichen Gesichtspunkten zu durchwandern. Als leitendes Strukturierungs-Prinzip gelten dabei Querverbindungen, eben Links, die Textbausteine zu Netzwerken zusammenwachsen lassen. Es entstehen assoziative Schreib- und Leseräume, die aber auch Gefahren in sich bergen können: etwa die Gefahr des "lost in hyperspace"-Effekts.
Hypertexte weisen per se offene Enden auf, sie gleichen einen work in progress und eignen sich ausgezeichnet dazu, in Team-Arbeit produziert zu werden, wobei die Ergebnisse auch sofort sichtbar gemacht werden können.

Nichtlinearität
Hypertexte sind netzwerkartig angeordnete, nichtlineare Texte. Das heißt nichts anderes, als dass Hypertexte keinen definierten Anfang haben, keinen Hauptteil und auch keine alles integrierende Conclusio (S. 245).
Der wesentliche Unterschied etwa zu wissenschaftlichen Monographien muss dabei in der Konzeption gesucht werden. Denn auch bei eben einer solchen wissenschaftlichen Monographie besteht die Möglichkeit zwar einen Pfad durch das Netz ("linear") zu wählen, dies aber aus einer Vielzahl von möglichen Pfaden ("Multilinearität"). Die Autoren bezeichnen Zettelkästen als Vorläufer des Hypertextes und definieren als einzig wirklich lineare Texte mündliche Erzählungen, also Monologe. Um auf die Frage der Konzeption zurückzukommen: Hypertext kann im Gegensatz zu wissenschaftlichen Monographien gar nicht linear rezipiert werden. Hier führen die Autoren die Ideen der Sprachwissenschafterin Angelika Storrer ein, die zwischen medialer und konzeptioneller (Nicht-)Linearität bzw. zwischen unterschiedlichen Abstufungen von Sequenziertheit unterscheidet. Bei monosequenzierten Texten etwa plant der/die AutorIn einen thematisch kontinuierlichen Leseweg; die Textsegmente lassen sich nicht ohne Risiko für das Verständnis umstrukturieren oder austauschen. Mehrfachsequenzierte Texte bieten verschiedene Lesewege an, so dass der Text zu verschiedenen Zwecken je abschnittsweise gelesen werden kann. Diese Texte können aber auch als monosequenzierte Texte gehandhabt werden. Unsequenzierte Texte schließlich sind schließlich Texte, die in gänzlich beliebiger Abfolge gelesen werden können, wobei die Textbausteine meist durch Verweise miteinander verknüpft sind (z.B. eben Hypertext).
Hypertext zu rezipieren setzt ein Lesen am Computer-Bildschirm voraus, da sonst die "hypertextspezifischen Mehrwerte verloren" gehen (S. 250). Um Theodor Holm Nelson zu zitieren, der den Begriff Hypertext 1965 einführte:
Let me introduce the word hypertext to mean a body of written [...] material interconnected in such a complex way, that it could not conveniently be presented or represented on paper (Nelson, zitiert auf S. 250).
Weiter:
Hypertexte im engeren Sinn sind also computerverwaltete, unsequenzierte Texte (S. 251).

Fragementierung und (Re-)Kontextualisierung
Bei den elementaren Bausteinen von Hypertexten handelt es sich um "informatielle Einheiten", also inhaltliche Submodule. Diese werden in einem zweiten Schritt verlinkt.
Hypertext bedeutet ein Spiel mit Fragmentierung und (Re-)Kontextualisierung, (S. 251).
Besagte "informatielle Einheiten" müssen jeweils für sich verständliche, modulare, das heißt kohäsiv geschlossene Texte sein, da die UserInnen eines Hypertextes nicht mehr einem, durch die AutorInnen präfigurierten monosequenzierten Argumentationsstrang folgen. Diese Texte müssen nicht nur kohäsiv, sondern auch kontextoffen sein, das heißt, sie sollten möglichst viele Aspekte in sich tragen, um eine Verlinkung zu ermöglichen. Wichtig beim Verfassen solcher Texte ist auch die Frage ob sie "bildschirmgerecht", folglich also nicht zu lang sind. Das bedeutet, dass Hypertexte kurz und prägnant sein müssen; ihre Bausteine müssen aus sich heraus Sinne ergeben und zum Weiterschmökern animieren und Link-Angebote geben. Im Rahmen der "Hypertext-Dramaturgie" ist auch das Setzen von gezielten Links außerordentlich wichtig, da ein Hypertextnetz durch die Linksetzung mehr als die Summe seiner Teile wird. Wichtig dabei ist, Kohärenz bilden zu können, was bedeutet, einen individuellen Sinnzusammenhang herstellen zu können; dem geht allerdings Kohärenzplanung voraus. Typisierte Links können bei der Gewährleistung von Kohärenz helfen; hier kommt nämlich zum Ausdruck in welcher Beziehung die verknüpften Inhalte stehen. Die Links werden dabei mit einem "Label" oder "Attribut" versehen. Dadurch wird angegeben, über welchen Aspekt eine Verknüpfung generiert wird, was auch die Möglichkeit einer Kontextualisierung schafft.

pastperfect

Die Autoren gehen nun im Folgenden näher auf das Webprojekt www.pastperfect.at ein. Zuerst erfolgte eine thematische Gliederung der "Zuständigkeitsbereiche". Trotzdem war aber bereits hier eine Zusammenarbeit unabdingbar, da gemeinsame Standards entwickelt werden mussten. Es ging dabei um die Erstellung von "fließenden Übergängen" auch jenseits von individueller AutorInnenschaft um eine kollektive Homogenität anzustreben. Es musste ein Schreibstil entwickelt werden, der sowohl Repräsentationsformat als auch dessen Rezeptionsmöglichkeiten mit bedenkt. Auch das Schreiben, kann argumentiert werden, ist dabei "vernetztes Schreiben" – es wird dabei zu einer Tätigkeit in der Gruppe.
Bei der Verlinkung wurde das Team durch ein Content Management System (CMS) unterstützt, nämlich durch das CMS "Virtual Museum System" (VMS), welches die Vernetzung mehrfach verknüpfter gleicher Datensätze selbstständig erfragt und diese in Form von "Querlinks" am Interface abbildet. So fungiert z.B. im konkreten Fall von pastperfect die Kurzbiographie von Kolumbus als "Attribut", welches zwei informatielle Einheiten zusammen bindet. Durch das automatische Erstellung von Links wird einerseits das mühsame selbstständige Setzen von Links obsolet; andererseits werden so typisierte Links generiert, die den Vorteil mit sich bringen, aufweisen zu können, über welchen Aspekt zwei Informationseinheiten miteinander verknüpft sind und zu welcher Informationseinheit der Pfad führt. Es handelt sich bei der Vernetzung der Einheiten um eine der zentralen intellektuellen Herausforderungen, da bei jedem möglichen Attribut nachgeprüft werden muss, ob es als solches geeignet ist - es geht um sinnvolle Kategorisierungen und auch Hierarchisierungen. Die Autoren widmen sich nun auch der größten und am schnellsten wachsenden Online-Enzyklopädie der Welt - Wikipedia. Das System welches Wikipedia zu Grunde liegt - MediaWiki - oder ähnliche Systeme zur kooperativen Erstellung von Inhalten werden heutzutage auch verstärkt in Schulen und an Unis eingesetzt, wie z.B. der Hypertextcreator, auch ein CMS. Es wird versucht, "Produktions-Potenziale" von Hypertext für den Uni-Betrieb fruchtbar zu machen, wobei auch mit Attribut-Zuweisungen operiert wird.
Abgerundet wird der Text durch einige Zitate, die als weiterführende Gedanken über das Denken und Schreiben in hypertextuellen Strukturen gedacht sind. Luhman beschreibt wie durch das Verwenden eines Zettelkastens eine Art Zweitgedächtnis entsteht und dass jede Notiz erst durch das Netz der Verweise ihre Qualität erhält. Wittgenstein meint, dass es unnatürlich sei, die Gedanken dazu zu zwingen, einem Gleise entlang laufen zu zwingen. Norbert Gabriel beschreibt die implizite Referentialität eines jeden Textes, aufgrund derer jeder Text schon ein multipler ist.

Kommentar
Der vorliegende Text gestaltet sich informativ und gut strukturiert; es gelingt ihm, die essentiellen Wesensmerkmale eines Hypertexts darzustellen, wobei sich die Autoren mehr oder weniger explizit an AnfängerInnen richten. Wichtig scheint den Autoren zu sein, zwei Dinge besonders zu betonen: Einerseits das Arbeiten im Team, welches für das Herstellen eines Hypertextes unabdingbar ist und aber auch die Besonderheiten eines Hypertextes, eben die Merkmale, die einen Hypertext eben von einem in der Form einer wissenschaftlichen Monographie erschienen Text unterscheiden. Bei der Lektüre der weiterführenden Gedanken stellten sich mir einige Fragen auf. So sprechen die Autoren etwa davon, dass es auf der Ebene der Verknüpfung um sinnvolle Kategorisierungen und auch Hierarchisierungen geht. Gleichzeitig wird aber auch Jay D. Bolter zitiert mit: "A text as a network may have no univocal sense. It can remain a multiplicity without the imposition of a principle of domination. In place of hierarchy, we have a writing space that is not only topical; we might even call it 'topographic'" (Bolter, zitiert auf S. 270). Die Frage die sich mir stellt, ist nämlich ob diese Idee nicht reichlich naiv ist - und zwar die Vorstellung, dass Hypertext ohne das "principle of domination" auskommen könnte. Viel einleuchtender und schlüssiger fand ich etwa das von den Autoren selbst gewählte Beispiel, was es doch für Implikationen hätte, auf das Attribut "Inkas" zu verzichten. Von den GestalterInnen eines Textes selbst gewählte gewichtete Attribute halte ich persönlich für wichtig. Um es vielleicht etwas politisierter auszudrücken: Jahrhundertelang wurde im Rahmen der Conquista kaum vom Leiden von Millionen Indigenas in Lateinamerika berichtete; jetzt ist die Zeit reif dafür, auch diesen Aspekt in einer ihm gebührenden Weise zu betrachten. Und jetzt soll dieser Aspekt auf einmal genauso wichtig wie die Tatsache sein, dass die drei Karavellen von Kolumbus Niña, Pinta und Santa Maria hießen? Eine sinnvolle Hierarchisierung erscheint nicht zwangsläufig von einem Tag auf den anderen obsolet geworden zu sein, nur weil wir uns im Hypertext bewegen.
Was den von den beiden Autoren beschrieben Hypertextcreator, der auch im Uni-Betrieb - etwa in einer Lehrveranstaltung - Verwendung finden könnte, ergaben sich bei mir einige zweifelnde Gedanken ob der Realisierungsmöglichkeiten - um einen wirklich guten Hypertext wie etwa pastperfect erstellen zu können und somit auch das Potential des Mediums voll und ganz nutzen zu können müssen eben viele (und auch gute) WissenschafterInnen sich beteiligen. Es soll sich hierbei nicht um eine generelle Verneinung der Sinnhaftigkeit eines solchen Einsatzes im Uni-Betrieb handeln - man/frau müsste mir aber die Realisierbarkeit erst verdeutlichen.
Rainer Kuhlen spricht von wirklich neuen Medien der Darstellung und Verwaltung von Wissen und der Erarbeitung von Informationen (vgl. S. 270). Bei all diesem durchaus berechtigen Lobgesang auf den Hypertext und die neue Form der Wissensorganisation und -"Herstellung" fällt mir persönlich aber etwas negativ auf, dass kein einziger Gedanke daran verschwendet wird, dass es doch auch Menschen auf der Welt gibt, die sich trotz eben des "demokratischeren" Zuganges zur Wissenserstellung - bedingt durch den leichtern Zugang - eben nicht an diesem Prozess beteiligen werden können.

Donnerstag, 23. November 2006

pastperfect.at – eine Rezension

Pastperfect überfordert eineN auf den ersten Blick gehörig. Angeboten werden kurze und bündige informative Texte, Biographien ein Glossar und vieles mehr. Als selbstgestecktes Ziel wird dabei eine Annäherung an die Zeit zwischen Reformation und Renaissance formuliert, genauer gesagt an die europäische Geschichte zwischen 1492 und 1558. Für jedes Jahr (die Jahre können übrigens per Kompass „anvisiert“ werden) sind etwa vier bis fünf wichtige Ereignisse genannt, zu denen auch viele weiterführende Artikel angeboten werden, was eine Kontextualisierung ermöglicht. Aber nicht nur der „rein“ europäischen Geschichte sind Texte gewidmet, ebenso können Informationen über die Kolonialreiche etwa in Lateinamerika gewonnen werden (mit Hilfe eines „Schiffs“ kann näher ran- oder weiter weggezoomt werden). Wenn man/frau sich nun etwa den Text über „Behaims Globuskonstruktion“ zu Gemüte führt, werden in einer Leiste, die über dem Text situiert ist, einige Kategorien angegeben – in diesem Fall etwa „Entdeckungen, Frau, Geist, Wissenschaft“, die Rückschlüsse auf die Aspekte geben, entlang derer die AutorInnen die Texte aufgebaut haben oder die bei der Erstellung des Textes besonders beachtet worden sind (wobei mir z.B. bei diesem konkreten Beispiel nicht ganz klar ist, warum sich „Frau“ in die Auflistung eingeschlichen hat, aber wie dem auch sei). Die Frage nach der Quantität der Ereignisse lässt sich nicht leicht beantworten: Auf der StarterInnen-Site wird etwa von rund 700 Texten von 60 AutorInnen gesprochen; pro Jahr können wie oben bereits erwähnt vier bis fünf „Haupt“ereignisse angeklickt werden, zusätzlich gibt es noch unzählige „Unterpunkte“ beziehungsweise Texte mit weiterführenden Informationen.

Auf hoher See – ein Versuch der Navigation
Das Navigieren im Universum von past.perfect bereitet aufgrund der Fülle der Informationen zwar dieselben Orientierungsschwierigkeiten, die sich auch beim Besuch einer gut bestückten Bibliothek bieten (wo fange ich an?), es bereitet aber auch Freude – man/frau sieht richtig, welchen Spaß die MacherInnen dieser verspielt anmutenden, und doch den wissenschaftlichen Standards entsprechenden Seite beim Zusammenstellen der Informationen hatten.
Was das Bahnen des Weges durch das pastperfect-Universum betrifft, gibt es mehrere Wege. Einerseits können sich die UserInnen mit Hilfe des Unterpunktes „Ereignisse“ auf den medialen Pfaden bewegen. Hier können auf der Landkarte auch mehrere Städte (auch eine in Lateinamerika) angeklickt werden. Besonders ergiebig gestaltet sich dabei der Menüpunkt „Kontexte“:Für das Jahr 1492 werden mehrere Texte angeboten, die sich mit der Person Christoph Columbus auseinandersetzten – und das auf einer Metaebene. Hier werden wichtige Probleme und Veränderungen der europäischen Gesellschaft beschrieben, die durch die Entdeckung des amerikanischen Kontinentes initiiert wurden, wie etwa die konstatierte Erweiterung des Blicks, Kommunikationsprobleme zwischen Konquistadoren und „Einheimischen“ etc. Interessant dabei ist, dass durch das Anklicken eines bei im Menüpunkt Kontexte gefunden Textes zu Christoph Columbus sich auch die angegebenen Ereignisse ändern und mehr Texte im Unterpunkt Kontexte aufgezeigt werden. Hier soll wahrscheinlich relativ deutlich (und auch gelungen!) gezeigt werden, dass ähnlich wie eine gut verlinkte Datenbank auch der/die HistorikerIn Querverbindungen schaffen soll.

Fallbeispiel: Martin Behaim
Weiter im Text: Falls zwischendurch etwas nicht klar sein sollte, besteht immer die Möglichkeit, etwaige Wissenslücken durch das Aufrufen der Funktion „Biographie“ oder „Glossar“ zu stopfen. Wenn man/frau sich erst einmal im Bereich „Kontexte“ befindet, kann beobachtet werden, dass dieser Unterpunkte seinem Namen auf jeden Fall alle Ehre macht. Fall ich mich etwa weiter für das Ereignis „Martin Behaim“ interessiere und hier den dazupassenden weiterführenden Text „Genuese als Vizekönig“ anklicke und mich hier auch auf das unüberschaubare Terrain „Kontexte“ – in dem Fall etwa Unterpunkt „Vizekönige“ und Unter-Unterpunkt „Entdeckungen: Amerika und Pazifik“ – vorwage, werde ich mit vielen weiteren, zur Kontextualisierung benötigten Texten belohnt, wie etwa Informationen zu den Themen „Alltag“, „Geist“, „Gesellschaft“, „Krieg“ und vieles mehr. Es handelt sich hierbei um zu anderen Ereignissen in Beziehung stehenden Kontext-Informationen, die ich hier in welcher Kombination und je nach Interessenslage kombinieren kann. Natürlich wird auch die Möglichkeit angeboten, direkt und gezielt nach einzelnen Schlagwörtern zu suchen (und zwar über die „Such“-Funktion). Übrigens verändern auch die auf der Landkarte angeklickten (oben erwähnten) Städte die Kontexte und Ereignisse. Alles in allem sehr interaktiv. Zusammenfassend: Ich kann also etwa konkret nach einem bestimmten Begriff oder einem bestimmten Ereignis suchen, oder ausgehend von einem geschichtlichen Faktum einige in Zusammenhang stehende weitere geschichtliche Tatsachen betrachten; oder einfach von hinten nach vorne die Geschicht quer lesen und von einer Beschreibung der Kastillianischen Kolonialverwaltung zum Themenkomplex Frühkapitalismus kommen - ganz wie ich will.

Selbstbeschreibung und Formalia
„Ein datenbankgestütztes Hypertextnetzwerk mit über 700 Texten von mehr als 60 AutorInnen ermöglicht assoziatives und gezieltes Navigieren durch Raum, Zeit und Inhalt.“
Das wollen die MacherInnen von pastperfect bieten – eine Aufgabe, die sie auf jeden Fall erfüllt haben. Pastperfect ist ein Projekt, welches in Kooperation mit dem Institut für Geschichte an der Universität Wien und Van Gogh TV entstanden ist; die Zielsetzung sah dabei vor, wissenschaftliche Inhalte medienadäquat zu vermitteln, und das bei Ausnutzung der Potentiale des Hypertext. Explizit will die Seite auch eine breitere, an der Geschichtswissenschaft interessierte Öffentlichkeit erreichen; wobei bemerkenswert ist, dass die Texte voll und ganz auf die Bedürfnisse des Mediums maßgeschneidert sind (auch Audiovisuelles hat sich etwa hierher verirrt). Schwieriger gestaltet sich die Frage nach der Wissenschaftlichkeit, wobei ich hier auf keinen Fall den AutorInnen unterstellen will, sie hätten unwissenschaftlich gearbeitet. Negativ fällt nur auf, dass pastperfect eher nicht zum Zitieren etwa in Seminararbeiten u.ä. geeignet ist, da bei Texten oft nicht einmal der volle Name des/der AutorIn, sondern nur ein Kürzel, angegeben wird. Verweise auf Zitierregeln fehlen vollends, auch die Sekundärliteratur wird nicht anschließend an jeden einzelnen Artikel, sondern gesammelt in einem eigenen Punkt „Literatur“ angegeben. Immerhin gibt es eine Druckfunktion, keine langen Ladezeiten, keine nervigen Flashanimationen und keine Werbung. Was mich persönlich etwas verwundert hat, ist, dass es keine externen Verlinkung auf andere wissenschaftliche Seiten oder Fachportale gibt. Hinweise auf regelmäßige technische und inhaltliche Wartung der Seite konnte ich leider auch nicht ausmachen. Was aber, anders als externe Verlinkungen schon angegeben wird, sind etwaige Pressestimmen (etwa die durchaus als euphorisch zu bezeichnende Kritik des Profil).

Kreativ, vernetzend und verlinkend – das Rhizom
„Das Hypertextgebilde bietet Formen- und Perspektivenvielfalt statt Eindeutigkeit, Rhizome statt auf ein Ziel hin determinierte Pfade,“ heißt es auch etwa bei der Projektbeschreibung. Auf die „master narrative“ wird geflissentlich verzichtet, klar ersichtlich ist dabei, dass es auch deshalb keinen einheitlichen wissenschaftlichen Ansatz geben kann.
Pastperfect will zum kreativen, verlinkenden Denken anregen, und bewegt sich an den Schnittstellen zwischen Forschung, Kunst, Vermittlung und Wissenschaft. Es werden dabei verschiedene, einander vielleicht auch widersprechende Interpretationen angeboten, aus dem der/die mündige und denkende BenutzerIn auswählen, und sich entweder eine eigene Erklärung zusammenschustern oder mehrere gleichwertige, nebeneinander existierende Deutungsstränge geschichtlicher Ereignisse akzeptieren kann. Anschaulichkeit ist scheinbar das oberste didaktische Prinzip – man/frau will auf jeden Fall Interesse wecken, Interesse wecken zum Weiterlesen; die Lust an der Geschichtswissenschaft steht im Vordergrund. Weg vom oftmals öden Geschichtsunterricht und selbstständige Interessensfindung erscheinen mir zwei wichtige Prinzipien zu sein. Wichtig ist die Interaktion, die Aktivierung mehrer Wahrnehmungskanäle währendes des Lernprozesses, die Abkehr vom schnöden SenderInnen-EmpfängerInnen-Modell. Wichtig zu erwähnen sind natürlich auch der Netzwerkcharakter des Mediums Internet, vor allem die Möglichkeiten zur kollektiven Interaktion und kooperativen Lernprozessen zwischen – und das darf nicht vergessen werden – Menschen.

Rezeption
Wenden wir uns wieder den Angeboten von pastperfect zu: Besonders interessant erscheint dabei der Punkt „Rezeption“ zu sein. Dieser geht meiner Meinung nach in eine ähnliche Richtung wie etwa die Hompage http://www.univie.ac.at/igl.geschichte/europaquellen/, die sich explizit mit Europavorstellungen und Europabildern auseinandersetzt. Hier widmen sich die AutorInnen der Rezeptionsgeschichte einiger wichtiger europäischer Werke, wie etwa der des „Don Quixote“ von Cervantes, der Spanischen/Französischen/usw. Erziehungsliteratur, aber auch etwa „Schlüpfrigkeiten“ wie etwa pornographischer Werke. Denn schließlich entstanden diese und ähnliche Werke nicht in einem luftleeren Raum, sondern im Kontext von gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen Prozessen – im Fall des „Don Quixote“ etwa in einem Zeitalter massivster Veränderung, verbunden mit Bedeutungsverlusten für eine bis dahin führende gesellschaftliche Schicht. Auch ist es sicher von Bedeutung zu wissen, was für ein Menschenbild etwa die humanistische Erziehungsliteratur vom (europäischen) Menschen entwarf und was es gleichzeitig aber auch für Ausschließungsmechanismen („die Anderen“, die „Unzivilisierten“) gab – hier kann etwa die Rezeptionsgeschichte von Reiseberichten in die terra incognita (also etwa Amerika) mit dem vorher erwähnten entworfenen Bild zu verglichen werden. Was für herrschaftliche Attribute schrieben etwa zeitgenössische Autoren einem Karl V. zu? Das einzige, was bei diesem sehr ergiebigen Unterpunkt negativ auffällt, ist die im Gegensatz zum „Kontext“- oder „Ereignis“-System etwas chaotisch und vor allem schlecht anklickbar ausgefallene Einbettung.

Reflexion
Der Unterpunkt „Reflexion“ ist besonders Heraushebenswert: Hier wird über das Potential des Mediums Internet bei der Vermittlung von geschichtswissenschaftlichem Wissen nachgedacht. Die Struktur des Mediums – vor allem dank seiner mannigfaltigen Möglichkeiten zur Vernetzung – unterläuft die Monomedialität des Buches; gefordert wird – äußerst revolutionär und vielleicht noch mancherorts umstritten – eine gewisse Revision auch verfahrender Denkweisen von WissenschafterInnen. Als Gegenstandsbereich soll so etwa nicht die buchgebundene Literatur, sondern die transmediale Sprachkunst akzeptiert werden, um ein Optimum der Präsentation der gewonnen Erkenntnisse zu ermöglichen – es wird von grundlegenden Veränderungen gesprochen. Auch einige lesenwerte Exkurse zum Thema „Medienphilosophie“ können gefunden werden. So werden etwa Deleuze und Guattari zitiert, nämlich ihre Metapher des Rhizoms: Hier sei nur erwähnt, dass es sich dabei um die Ermöglichung der Verkoppelung verschiedenster Ströme, sich in alle Richtungen erstreckende Konnexionen handeln soll – ein Hoch auf die transversalen Verbindungen kann auch als philosophischer Hintergrund der Entstehung von pastperfect gedeutet werden. Auch die ästhetischen Anforderungen an das Medium Internet werden behandelt. Spannend sind hier auch die Texte, die darauf eingehen, was bei der Erstellung von fürs Internet gemachten Texten zu berücksichtigen ist. (Besonders gut gefallen hat mir die Bezeichnung von Schneisenlinks als „Proletarier“ unter den Begriffen). Spannend und überbordend gestaltet sich der Punkt „Reflexion“, in dem es genau um das geht, was der Titel impliziert. Um die Möglichkeiten und Schwachstellen bei der Wissensvermittlung per Internet; es geht aber auch um mehr, nämlich um die Frage, in welchen Gesamtkontext die Veränderungen in der Lehre zu stellen sind. Schließlich wird vielerorts auch konstatiert, dass das Fragmatisierte, Atomatisierte und dennoch im Zusammenhangstehende eher unserer post-fordistischen Lebenswelt entspricht, als das trügerische Gefühl, bei A anzufangen und schließlich weise geworden bei Z das Buch zu schließen.

Fazit
Bei pastperfect handelt es sich um eine außerordentlich gut gemachte Site, in der merkbar viel Anstrengung und Überlegung steckt. Abgesehen von den interessanten und lesbar aufgearbeiteten „harten“ historischen Fakten haben sich aber auch spannende Gedanken nach dem Sinn des Mediums Internet auf die Seite „verirrt“, die ich persönlich am Aufschlussreichsten fand. Vernetzendes Denken soll gefördert und das lustvolle Geschichteschreiben und –lernen in den Vordergrund gerückt werden. Manches Mal zwar etwas überfordernd, ist das „Durchkämpfen“ durch den pastperfect-Dschungel aber auf jeden Fall so manche Stunde wert: Es hat richtiggehend Spaß gemacht, dieses Seite zu rezensieren.

Donnerstag, 16. November 2006

Historicum.net

Historicum.net möchte ein Netzwerk für HistorikerInnen anbieten, an welchen sich sowohl bereits etablierte Institutionen als auch Privatpersonen beteiligen können, anbieten. Aus dem „Server Frühe Neuzeit“ entstanden, besteht der Verein „historicum.net – Geschichtswissenschaften im Internet e.V.“ seit 2004. Das Impressum und eine Liste mit frequently asked questions ist informativ und listet auch die Projektleiterinnen, die an der Universität Köln tätig sind, auf. Auch die vielen Partnerorganisationen (wie etwa hsozkult) werden genannt. Ebenfalls beschrieben wird, wie die Koordination der Betreuung der Beiträge von Statten geht. Interessant fand ich dabei, dass es sich dabei um rein ehrenamtliche Tätigkeiten handelt – was aber, worauf die MacherInnen von historicum.net explizit hinweisen, auf jeden Fall durch die Möglichkeit eines großen Bekanntheitsgrads, der durch Publikationen im Internet erreicht werden kann, „wettgemacht“ werden kann. Wie das Vorgängerprojekt auch schon verrät, liegt der Fokus der wissenschaftlichen Beiträge auf der Frühen Neuzeit, mittlerweile haben sich aber auch schon „aktuellere“ (rein zeitlich gesehen) Themen wie etwa „Zwangsarbeit“ im Zweiten Weltkrieg in die Seite eingeschlichen. Beim unten beschrieben Spanienportal werden etwa auch wichtige Eckdaten des Spanischen BürgerInnenkriegs genannt.
Erwähnt wird auch die Möglichkeit, Mitglied des Vereins zu werden und durch seinen/ihren Mitgliedsbeitrag zur Förderung von Wissenschaft und Forschung beizutragen. Interessierte HistorikerInnen werden auch zu so genannten Koalitionsgesprächen und dadurch zur aktiven Mitgestaltung der Site eingeladen – was auf jeden Fall nach außen hin sehr offen und einladend wirkt. Die Site präsentiert sich überhaupt sehr „öffentlichkeitsfreundlich“: So wurde etwa ein eigener Presse-Unterpunkt eingerichtet, wo sich Interessierte etwa das Logo von historicum.net runterladen können – um eine Verlinkung auf der eigenen Site, wo ebenfalls der Historiographie gefrönt wird, zu erstellen. Für alle Seiten steht eine optimierte Druckfunktion zur Verfügung; denn: die gute alte „copy&paste“-Methode funktioniert auf hisctoricum.net nicht. Scheinbar ist der Text geschützt. Ein eigener Unterpunkt widmet sich dem Problem des Zitieren aus im Internet gefunden Werken.

Angebote
Historicum.net bietet 1) lesenwerte Einführungstexte zu verschiedenen Themenbereichen (allerdings nicht zu überbordend vielen), 2) Linksammlungen zu Internetressourcen, die sich mit der Geschichte einiger europäischer Länder beschäftigen. Diese werden von externen KooperationspartnerInnen verwaltet und erstellt. Viele dieser Länderportale werden vom Herder-Institut in Marburg betreut. Positiv ist mir dabei aufgefallen, dass es etwa beim Spanienportal auch die Möglichkeit gibt, eine spanische Textvariante aufzurufen. Generell kann aber gesagt werden, dass sich historicum.net eher an der deutschen Sprache mächtigen HistorikerInnen richtet. Durch oben erwähnte interessante Einführungstexte richtet sich die Site eben auch an HistorikerInnen in spe und an Menschen, die sich auch einfach nur einen Überblick über ein Thema beschaffen wollen. Hier wird demzufolge die Möglichkeit zu eines „Reinschnupperns“ und „Weitersuchens“ geboten, es handelt sich bei historicum.net eher nicht um eine SpezialistInnen-Site.
Etwas negativ – das heißt auf jeden Fall noch ausbaufähig! – gestaltet sich für mich allerdings die Tatsache, dass bei weitem nicht alle Länder Europas abgehandelt werden. So gibt es z.B. auch keine länderspezifische Linksammlung zu Österreich, oder auch nicht zu Bulgarien, Russland etc.
Um aber zu den Angeboten von historicum.net zurückzukommen, bietet die Site 3) auch eine Zusammenstellung ausgewählter Links zu Internet-Angeboten für das wissenschaftliche Arbeiten, wo bei es sich hierbei um eine (wie auch explizit ausgewiesen) eher kursorische und „willkürliche“ Auswahl aus dem mannigfaltigen Angebot handelt. Was dabei am Spannendsten ist, ist wahrscheinlich der Link zu den digitalisierten Bildquellen einiger Museen und wissenschaftlicher Institutionen. Der 4.) Punkt („Lehren und Lernen“) ist wahrscheinlich der interessanteste – und wahrscheinlich am Ehesten noch als innovativ zu bezeichnende. „Diese Rubrik soll die umfassendere Nutzung des Internets im Rahmen der universitären Lehre erleichtern. Hier werden Tutorials und Informationen für Lernende wie für Lehrende bereitgestellt,“ heißt es in der Beschreibung. Es werden Informationen zu Fachdidaktik, Archiven, Nutzungsbestimmungen etc. angegeben. Dieser Punkt ist insofern spannend, weil sich dieser Bereich mit den Möglichkeiten der Verknüpfung von Lehre und den Optionen, die das Internet bietet, handelt. Es werden Tutorials zu den Themen Gebrauchsanleitung für Archive, Computer im Geschichtsstudium und Internet im Geschichtsstudium angeboten.

Wissensraum
Ein breit gefächerter Wissensraum wurde geschaffen, nicht nur durch die vielen PartnerInnen, die per Verlinkung auch zu erreichen sind, auch durch die Einbeziehung von externen SchreiberInnen (was die länderspezifischen Themen betrifft). Angeschnitten wird auch, dass sich der Verein als organisatorisches Dach für die Schwestern-Projekte www.sehepunkte.de/ und www.zeitenblicke.de/ versteht. Erwähnenswert ist auch, dass auch ein Newsletter, der auf neue Rezensionen und auch auf Aktualisierungen hinweisen soll, angeboten wird. (En passant sei allerdings kurz ins Feld geführt, dass die Frequenz der Aktualisierungen nicht ausgewiesen wird.) Auch die im Presse-Unterpunkt aufscheinenden Pressestimmen diverser Publikationen (etwa von der Süddeutschen Zeitung, oder auch vom Informationsdienst Wissenschaft) geben einen Eindruck davon, wie die Site von WissenschafterInnen und JournalistInnen wahrgenommen wird; was zumindest dokumentiert, wie die Aufbearbeitung von Wissenschaft auch von der (breiten) Öffentlichkeit rezipiert wird. Als besonders lesenwert habe ich den Unterpunkt „Klassiker der Geschichtswissenschaft“ empfunden; hier werden bekannte Historiker (keine einzige Frau, allerdings) vorgestellt.
Was die Frage nach der medienadäquaten Präsentation betrifft, muss mit einem klaren Jein geantwortet werden. Betrachten wir z.B. den Bereich „Themen“; der Text wurde zwar in einige Unterpunkte aufgeteilt, trotzdem sind wir hier doch schon eher als Textwüsten (wenn auch mit Bildern versetzt) zu bezeichnenden Artikeln ausgesetzt. Auch ein Glossar fehlt, muss angemerkt werden. Das nicht existente Glossar wird in gewisser Art und Weise durch die Anführung einiger Internet-Nachschlagewerke ausgeglichen; diskussionswürdig ist sicherlich, dass auch „Wikipedia“ angegeben wird ...
Historicum.net gestaltet sich optisch äußerst ansprechend, ein hübsches, hoffnungsvolles Grün dominiert. „Ausgehend von einer in Köln und München gewachsenen Kernstruktur werden unter einem gemeinsamen Dach und in einem einheitlichen Layout unterschiedliche, inhaltlich wertvolle Angebote und Unterportale zusammengefasst,“ heißt es in der Selbstbeschreibung. Das weist auch auf eine methodische und inhaltliche Vielfalt hin – so viel auch zum Thema Forschungsansatz, der ansonsten nicht näher beschrieben wird. „Informationsportal“ und „Vernetzung“ scheinen die zentralen Schlagwörter zu sein.

Formalia und BenutzerInnenfreundlichkeit
Zum Zeitpunkt meines Besuchs auf historicum.net (16. November 2006, 17:30) konnte der Service-Bereich nicht aufgerufen werden; soviel nur zum Thema allfällige Fehler; die Ladezeiten sind kurz, Flash-Animationen treten zum Glück nicht auf, auch auf Werbung wurde verzichtet. Bei Mitteilungsbedürfnis besteht die Möglichkeit, die Projektleiterinnen zu kontaktieren.
Abschließend noch ein Zitat aus der Online-Rezension von historicum.net, die ich auf H-Soz-u-Kult gefunden habe – vorher sei aber noch kurz angemerkt, dass ich die in der Rezension gelobten E-Texte und sowie das Ton- und Bildmaterial nicht entdecken konnte, was darauf hinweist, dass das Material gut versteckt zu sein scheint: „Der weitere, kontinuierliche Ausbau des Gesamtangebots und der einzelnen Portale macht vielleicht das möglich, was die deutsche historische Forschung – vor allem jenseits des in deutschen Massenmedien geradezu überrepräsentierten 20. Jahrhunderts – so häufig vermisst: den Zugriff auf (und vielleicht auch den öffentlichen Diskurs über) Themen aus dem Bereich Geschichts- (und Kunst-)wissenschaften für alle an Geschichte und Geschichtswissenschaften Interessierten jenseits des fachinternen Diskurses, als Angebot von Spezialisten der jeweiligen Fachgebiete. Gerade über eine gelungene Mischung aus Chronologien, Bibliographie, E-Texten, Ton- und Bildmaterial sowie der Linksammlung im jeweiligen Fachbereich bzw. im Länderportal ist (und wird) ein Zugang zu wichtigen Themen der deutschen, europäischen und außereuropäischen Geschichte möglich und macht diese auch für Laien attraktiv.“ (Lachenicht, Susanne: Rez. WWW: Die Französische Revolution - Themenportal von historicum.net, in: historicum.net, URL: http://
hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/id=53&count=6&recno=4&type=
rezwww&sort=datum&order=down&search=historicum%2Enet (16. 11. 2006))

Montag, 13. November 2006

Clio-online

Unter dem gleichnamigen Punkt kann tatsächlich ein aussagekräftiges Impressum gefunden werden, welches genaue Auskunft über Projektleiter und MitarbeiterInnen gibt. Da als Anschrift die Humboldt’sche Universität zu Berlin angegeben wird, kann das als Hinweis auf die institutionelle Anbindung gewertet werden. Gefördert wird das Projekt dabei von der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Sowohl an Clio Beteiligte als auch etwaige PartnerInnen werden ausgewiesen, einE AuftraggeberIn wurde nicht ins Impressum aufgenommen. Wie es sich für eine gute wissenschaftliche Seite „gehört“, wird bei den Rezensionen z.B. natürlich auch angegeben, wie die gefundene Information zitiert werden kann. Aber auch Kontaktmöglichkeiten mit den ForscherInnen selbst fehlen nicht; ein eigenes Feedback-Formular wie etwa bei den Europaquellen gibt es allerdings nicht. Dafür werden als Referenzwert auch die Nutzungsdaten und die Zugriffe auf Clio genannt.
Clio-online hat es sich zur Aufgabe gemacht, einen Einstiegspunkt ins Internet darzustellen; das zur Verfügungstellen von bereits aufgearbeitete Inhalten wird mit der Möglichkeit zur Interaktion verbunden, die Kooperation zwischen verschiedenen Institutionen ermöglicht. „Wissenschaftliche Information, Produktion und Rezeption wird in neuartiger Weise verbunden,“ heißt es dazu bei der Projektbeschreibung von den MacherInnen Clios selbst. Clio bietet, grob zusammengefasst, die Möglichkeit zur moderierten Fachkommunikation, zur strukturierten Recherche und zur Archivierung. Clio ist eine große Chance zur Vernetzung innerhalb der ForscherInnencommunity. Eine Fülle von Unterpunkten und Optionen an (auch einen geschützten Mitglieder-Bereich) wird angeboten; bei diesen Punkten handelt es sich um folgende:
1) Rezensionen: Durch einen eigenen Menüpunkt Rezensionen (samt genauem Suchguide) wird den BesucherInnen von Clio-online die Möglichkeit gegeben, eben nach besagten Rezensionen im reichhaltigen Referenzmaterial von Clio zu suchen.
2) Web-Verzeichnis: Hier wird ein Verzeichnis über wissenschaftliche Angebote zur Geschichtsforschung im WWW angeboten, wobei sage und schreibe 7.000 faschwissenschaftlich relevante Angebote eingetragen sind; hier werden wie so oft die vielen Vorteile und Pluspunkte von Clio deutlich. Denn man/frau muss ja nicht jedes Mal das Rad neu erfinden – durch die Zentralisation von Wissen wird eben auch Forschung effizienter gemacht.
3) Institutionen: Hier werden Kontaktmöglichkeiten zu den wichtigsten Bibliotheken, Archiven, Museen etc. angegeben.
4) Forscher/innen: Hier werden eben Kontaktmöglichkeiten zu ForscherInnen angegeben – es wird sogar geschlechtergerecht formuliert …
5) Guides: Hierbei handelt es sich um einen außerordentlich informativen Bereich; die Zielsetzung ist, Basiswissen durch Überblicksartikel zu vermitteln. Es werden sowohl Informationen zum Umgang mit Ressourcen und elektronischen Methoden als auch basales geschichtlichem Wissen bereitgestellt.
6) Chancen: Hierbei handelt es sich um einen der interessantesten Punkte, bei dem auch der Praxisbezug hergestellt wird. Denn es auch der lebensweltliche Aspekt darf bei den Wissenschaften nicht verloren gehen. Was hat eine Studentin davon, wenn sie sich während der letzten Jahre Wissen en masse angesammelt hat, wenn sie trotzdem zum AMS pilgern muss, um dort einen Job beim Holzbaumarkt vermittelt zu bekommen? Clio stellt eine Sammlung von AnbieterInnen zu Stellen, Stipendien und Praktika zur Verfügung.
7) Suche: Der letzte Punkt ist als Startpunkt für Recherchen über die Inhalte im Portal gedacht. An dieser Stelle kann ich auch die Frage nach etwaigen Fehlern beantworten: Als ich die Metasuchmaschine bemühte, fing die Suche zwar an. „Suchergebnis“ war aber jedes Mal die lügnerische Behauptung, dass die Suche abgebrochen wurde, und zwar aufgrund einer längeren Inaktivität (60 Minuten oder mehr) meinerseits …
Clio zeichnet sich durch eine ausgesprochene BenutzerInnenfreundlichkeit und durch hohe Funktionalität und Übersichtlichkeit aus; unter dem Menüpunkt „Hilfe“ werden genaueste Hinweise zur Benutzung gegeben; eine Sitemap bieten einen guten Überblick über die auf Clio vertretenen Institutionen.
Was oben erwähnten geschützten Mitgliederbereich betrifft, handelt es sich dabei um das Angebot der Personalisierung von einigen Diensten. Das inkludiert z.B. ein Abonnement von diversen Fachportalen und –foren.
Sind die Texte für das Medium adäquat aufbereitet? Diese Frage muss dort ansetzen, wo es auch wirklich hausgemachte, eigens für diese Seite erstellte Texte gibt: bei den Guides. Hier ist es wirklich außerordentlich praktisch, dass sich in den Text auch Links zu themenrelevanten externen Sites verirrt haben und auch Referenzseiten angegeben werden. Es wird natürlich auch der verwendete wissenschaftliche Apparat ausgewiesen.
Clio ist farblich relativ nüchtern gehalten – es überwiegt ein grünlich-grauer Fond, der sich nicht sonderlich mitreißend gestaltet; leider wird – muss kritisch bemerkt werden – das multimediale Potenzial des Internets nicht genutzt; Bilder gibt es zwar schon, Audiovisuelles hat sich allerdings nicht hierher verirrt.
Clio hat sich dem wissenschaftlichen Dialog verschrieben; da es sich um ein Portal mit vielen Beteiligten handelt, kann die Frage nach den wissenschaftlichen Ansatz nicht geklärt werden. Am Wahrscheinlichsten ist, dass es ebenso viele wissenschaftliche Ansätze wie Beteiligte gibt. Clio-online kann wahrscheinlich als der Inbegriff eines Wissensraums beschrieben werden. Die Verdachtsmomente, dass Cio regelmäßig aktualisiert wird, erhärten sich insofern, als dass z.b. die Hinweise auf etwaige virtuelle Ausstellungen u.ä. immer topaktuell sind.
Was Rezensionen betrifft, handelt es sich bei Clio und bei Hsozkult um Partner; bei Rezensionen, die auf Hsozkult gefunden werden können, kann jedes Mal die Phrase „Rezensiert für Clio-online und H-Soz-u-Kult“ gefunden werden – deshalb wahrscheinlich auch keine eigenen Rezension von Clio auf Hsozkult. Ähnlich wie die MacherInnen der Europaquellen sind auch jene von Clio-online Fans von Verdana; es gibt eine eigene Druckfunktion. Die URL gestaltet sich ähnlich schlicht wie die Farbgebung http://www.clio-online.de/. Jeglicher Kommentar erübrigt sich. Nervige Flash-Animationen können zum Glück nicht ausgemacht werden, es handelt sich bei Clio-online zum Glück auch um eine werbefreie Seite.
Was eine endgültige Bewertung von Clio-online betrifft, werde ich den Anfangssatz der Eigenbeschreibung des Projekts zitieren: „Clio-online bietet für die Geschichtswissenschaften im deutschsprachigen Raum einen zentralen Einstiegspunkt ins Internet.“ Diese selbst gestellte Aufgabe wurde voll und ganz erfüllt.

Sonntag, 5. November 2006

Europaquellen

"Europaquellen" - eine Rezension

Zu finden unter:
http://www.univie.ac.at/igl.geschichte/europaquellen/

Die MitarbeiterInnen am Projekt „Europaquellen“ sind deutlich ausgewiesen: Mit der Signalfarbe Gelb unterlegt werden sowohl Projektleiter als auch MitarbeiterInnen namentlich genannt (es gibt auch einen Biographien-Bereich); das Projekt ist von der Gerda-Henkel-Stiftung in Düsseldorf gefördert – ob es sich bei dieser Stiftung auch gleichzeitig um die Auftraggeberin handelt, wird leider nicht gesagt. Die Frage nach der institutionellen Bindung der Seite ist nicht eindeutig zu beantworten; dadurch, dass die Seite aber über www.univie.ac.at/ aufzurufen ist, liegt die Vermutung nahe, dass „Europaquellen“ an die Universität Wien gekoppelt ist – vor allem auch deswegen, weil alle MitarbeiterInnen momentan entweder an der Uni Wien lehren oder studieren. Sowohl zu den Quellen des 16. als auch zu denen des 17. Jahrhunderts wird akribisch angeben, wie sie zu zitieren sind – was die Seite für wissenschaftliche Arbeit ungemein nützlich macht. Außerdem sind die Quellen auch gut aufgearbeitet: Sowohl der Fundort wird festgehalten als auch eine Kurzbiographie des Quellenautors, eine genaue Interpretation des Textes als auch allenfalls verwendete Sekundärliteratur ausgewiesen. Interessant ist dabei, dass die Aufbearbeitung der Quellen aus dem 16. Jahrhundert „outgesourct“ worden ist; es ist nämlich die Universität München, die sich mit ihnen beschäftigt. Diese Feststellung ist wahrscheinlich auch gleichzeitig die Antwort auf die Frage nach dem wissenschaftlichen Dialog mit anderen ForscherInnen und Wissenschaftsportalen.
„Europaquellen“ beschäftigt sich primär mit Europavorstellungen und –begriffen, wobei Drucke aus dem 17. Jahrhundert untersucht wurden. Das 17. Jahrhundert wird dabei als krisenhaftes Jahrhundert angesehen, in dem sich sowohl die Achsen der Weltwirtschaft von Süd nach Nord verlegten als auch Staatenbildungstendenzen zu beobachten waren. Dabei ist die Seite wahrscheinlich eher nicht für Menschen geeignet, die sich noch nicht näher mit der Thematik beschäftigt haben; nur der/die geübte HistorikerIn – und hier eigentlich auch nur die interessierten NeuzeithistorikerInnen – werden mit Josef Köstlbauers Quellenautopsie des Drucks „Marchamont Nedham“ aus dem Jahre 1678 etwas anfangen können.
Untersucht werden wie bereits beschrieben, Drucke aus dem 17. Jahrhundert, wobei das Selektionskriterium die Verwendung von Europa/Europe oder des dazupassenden Adjektivs im Titel des jeweiligen Drucks ist. Als Referenzkataloge wurden dabei der der Österreichischen Nationalbibliothek und der der Bayrischen Staatsbibliothek herangezogen – insgesamt entsprachen dadurch 550 Titel dem Selektionskriterium. Diese wurden schließlich in 18 Teilbereiche unterteilt.
Die Texte sind für das Medium außerordentlich gut aufgearbeitet, die Gliederung ist übersichtlich, die Farben sich nüchtern, nur die fast schon nicht mehr sichtbaren klassischen Gemälde im Hintergrund sind ein Blickfang, wenn auch ein quasi nicht merkbarer. Der Text ist relativ linear aufgearbeitet, was positiv auffällt ist, dass es immer die Möglichkeit gibt durch einen Link zu einer bestimmten Stelle im Text zu kommen (Seitenanfang, Unterkapitel): Es handelt sich also nicht einfach nur um auf eine Webseite gestellte Artikel aus einem Buch; diese wurden zudem auch im Sinne der BenutzerInnen aufgearbeitet.
Falls der/die UserIn begriffliche Verständnisprobleme haben sollte, ist mit dem Link zur Site „pastperfect“ die Möglichkeit gegeben, etwaige Wissenslücken durch die Suchfunktion zu beseitigen. Bei dieser Seite handelt es sich im Übrigen um ein datenbankgestütztes Hypertextnetzwerk, dass ein „assoziatives und gezieltes Navigieren durch Raum, Zeit und Inhalt“ ermöglicht. Was besonders positiv dabei auffällt ist, dass nicht nur eine schnöde begriffliche Definition gegeben wird, sondern auch eine Kontextualisierung durch das Angeben von zu dem Suchbegriff in Relation stehenden weiteren Begriffen passiert. Aber nicht nur mit „pastperfect“ stehen die „Europaquellen“ in wissenschaftlichem Dialog, es können auf der Site ebenfalls Links zu weiteren wissenschaftlichen Datenbanken, Online-Präsentationen und Virtuellen Ausstellungen gefunden werden. Es gibt demnach sowohl externe Links als auch Binnenlinks – ein Wissensraum wurde geschaffen.
Etwas im Dunkeln bleibt dabei die Antwort auf die Frage nach den Forschungsansätzen: Leider konnte ich keine Eigendefinition der ForscherInnen selbst finden. Die Interpretation von Quellen ist sicherlich nicht als bahnbrechend neuer Forschungsansatz in der Geschichtswissenschaft zu bezeichnen; fraglich bleibt nur, ob „Quellenautopsie“ ein darüber hinausgehendes Konzept ist oder nicht. Daher muss ich die „Europaquellen“ wahrscheinlich eher in den Bereich des etablierten wissenschaftlichen Konsens einordnen. Innovativ – wenn auch nicht brandneu – ist aber sicherlich die Erforschung der Ausbildung der Idee und Konzeption von „Europa“ im Sinne einer wirtschaftlichen, politischen, sozialen und ideengeschichtlichen Einheit.
Hsozkult etwa hat die Seite noch nicht rezensiert, es ließen sich im Internet allerdings Verlinkungen auf „Europaquellen“ finden – etwa bei Linksammlungen von universitären Homepages. Was die Aktualisierung der Homepage betrifft, wird schon auf der Titelseite angegeben, dass die Seite im Juni 2001 entstand und seitdem laufend aktualisiert wird; wie oft wird zwar nicht geschrieben, dafür wird aber unter dem Menüpunkt MitarbeiterInnen angegeben, wer die Aktualisierung betreut.
Leider muss gesagt werden, dass das multimediale Potenzial des Mediums Internet eher nicht genützt wurde: Auf Audiovisuelles wurde generell verzichtet. Was mich verwundert ist, dass die besprochenen Quellen nicht eingescannt wurden. Zwar gibt es bestimmte Quellen, bei denn „Quellenautopsie mit digitalisierter Bildquelle“ dabeisteht, dennoch kann kein Bild der Quelle gefunden werden. Oder soll dieser Hinweis etwa nur bedeuten, dass der/die ForscherIn selbst nur mit einer digitalisierten Bildquelle gearbeitet hat?
Was die inhaltliche Struktur der Seite betrifft, können die Quellen sowohl über eine Zeitleiste als auch über einen alphabetisch geordneten Unterpunkt aufgerufen werden, was eine gezielte Suche erleichtert. Grobe Fehler, ja eigentlich Fehler überhaupt, sind mir nicht aufgefallen. Blau und Gelb stellen die Schmuckfarben der Site dar, ansonsten sind die „Europaquellen“ sehr nüchtern gehalten – Herausgehobenes wird in grau unterlegt. Als Schrift wurde die sehr lesbare „Verdana“ verwendet, was dem Lesefluss zu Gute kommt (auch wenn ich persönlich eine „Arial“-Anhängerin bin). Leider konnte ich allerdings keine explizit ausgewiesene Druckfunktion entdecken.
Was das URL-Design betrifft, so kann es ruhig als logisch und stringent beschrieben werden. Zur Ansicht: http://www.univie.ac.at/igl.geschichte/europaquellen/. Es werden dadurch mehrere Dinge klar gemacht: Erstens, dass es ein Projekt ist, welches im wissenschaftlichen Dunstkreis der Universität Wien angesiedelt werden kann. Zweitens, dass es im Zusammenhang mit dem Projekt „Internetgestützte Lehre“ steht. Und drittens, weist der letzte Teil der URL aus, um was es eigentlich geht: nämlich um Europaquellen.
Was besonders positiv auffällt – vor allem für ungeduldige Menschen wie es die Autorin eine ist – ist, dass keine langen Wartezeiten zu verzeichnen waren, es keine nervigen Flash-Animationen gab, die selbstständig aktiv werden. Werbung gibt es, mit erklärbarer Ausnahme der Nennung des Buch, welches im Zusammenhang mit dem „Europaquellen“-Projekt entstand, keine. Dieser Ausnahme ist ein eigener Unterpunkt als auch ein nervendes Pop-Up gewidmet. Mein Verdikt: Unterpunkt ja, Pop-Up nein. Trotzdem: alles in allem eine werbefrei, der Wissenschaft gewidmete Seite.
Was Feeback-Möglichkeiten betrifft, so kann man sich sowohl an die MitarbeiterInnen selbst wenden (deren Mail-Adressen bei den einzelnen Biographien angegeben sind) als auch die eigens gestaltete Feedback-Maske verwenden.
Alles in allem eine sehr übersichtliche und gut gestaltete Website, allerdings wahrscheinlich eher für SpezialistInnen interessant.

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